Donnerstag, 29. Dezember 2011

Was bisher geschah...

Nach langer Pause gibt es mal wieder ein paar Anekdoten, von denen es sich zu erzählen lohnt.


In der Zwischenzeit, als das scheinbar nicht der Fall war, habe ich eine Bachelorarbeit geschrieben, mich dazu entschieden doch erst mal ein Praktikum zu machen, Bewerbungen geschrieben, Vorstellungsgespräche geführt,  eine Praktikumsstelle in Köln angenommen, eine Wohnung gesucht und bin letztendlich von Erlangen nach Düsseldorf in eine Männer-WG gezogen. Dort werde ich aber im Januar ausziehen, da ich endlich ein WG-Zimmer in der schönen Stadt Köln gefunden habe.


Ich mache nun also ein Praktikum in der Redaktion einer Fernsehproduktionsfirma. So etwas im Dezember anzufangen ist eigentlich ungünstig, weil alle Mitarbeiter auf dem Zahnfleisch gehen und die Augenringe trotz Make-up noch deutlich zu sehen sind. Für Praktikanten bleibt da wenig Zeit, weshalb ich mich zu Beginn teilweise wie die neue Bürodekoration fühlte. Dieses Gefühl weicht jedoch schnell dem eines hektisch aufgeschreckten Nagetiers, wenn man die ersten Aufgaben auf Deadline erledigen muss. Die Augenringe lassen da nicht lange auf sich warten.



Am ersten Tag bittet mich mein Chef, die Schnittliste für einen Beitrag zu schreiben. Ich sage: "Ja, klar." Er sieht mich an, ich seh ihn an. Schweigen. Ich denke: Sag was, egal was, irgendwas. Ich lächle, nicke und sage: "Ok."
Schlagfertigkeit war noch nie meine Stärke.


"Wir bräuchten hier noch Bilder für die Ankündigung eines Beitrags in der Fernsehzeitung. Der ist aber noch nicht geschnitten. Such doch mal ein paar Standbilder raus und mach das dann mit einem Cutter. Ich bin solang in einer Besprechung."
Mein Chef ist häufig in diversen Besprechungen.
Ich habe 90min Zeit um 17 Bänder mit jeweils 40min gedrehtem Rohmaterial im Spuldurchlauf anzusehen, um mögliche Stellen für passende Standbilder auszuwählen, die Stellen zusammen mit einem Cutter zu digitalisieren und Standbilder zu erstellen.*
Ich lächle, nicke und sage: "Ok."
Leider sind die Bänder nicht an den Anfang gespult. Aus Zeitmangel sehe ich mir die Bänder deshalb rückwärts an. Anschließend wird mir ein Auszubildender zugeteilt, der sich sehr über seine Aufgabe freut. Als wir gerade die ersten 5 Stellen eingespielt haben, kommt mein Chef und will das Zwischenergebnis begutachten.
"Also das ist als Bild nicht so schön, das hier ist zu total und das passt thematisch nicht so gut. Aber ihr macht das schon."
Wir sind begeistert, machen aber tapfer weiter und vertrösten alle die, die dringend in den Schnittraum müssen und ihn eigentlich reserviert hatten.
Am Schluss haben wir 14 Bilder und sind uns sicher, dass mindestens 4 brauchbare Bilder dabei sein müssen.
Mein Chef kommt später zu mir und meint: "Die Bilder sind super."
Ich verstehe die Welt nicht mehr, bin aber erleichtert. Ich lächle, nicke und sage: "Ok."


Zu den typischen Praktikantentätigkeiten gehören auch diverse Fahrten mit den Firmenwägen durch die Kölner Innenstadt, in der ich mich überhaupt nicht auskenne. Neulich sollte ich dann abends nach Bonn fahren, um eine DVD in das Bonner Maritim-Hotel bringen.
Auf dem Parkplatz suche ich 15min nach dem Auto mit dem richtigen Kennzeichen. Nach weiteren 30min bin ich endlich auf der Autobahn. Ab da ist alles ganz entspannt, auch wenn es sich schon ein wenig wegen des Feierabendverkehrs staut. Im Radio läuft Save Tonight. Ich singe laut: "Save tonight, find a broken door! Come to mumble, to mumble I begun!" (Mein Freund erklärte mir später den wirklichen Wortlaut, habe mich immer gewundert was "mumble" heißen soll.)
Bereits kurz vor Bonn klingelt das Geschäftshandy, das ich extra dabei habe. Als gewissenhafte Autofahrerin gehe ich aber natürlich nicht ran. Bei meiner Ankunft in Bonn zeigt mein Handy dann bereits 2 verpasste Anrufe und eine Nachricht auf meiner Mailbox. Ich rufe zurück und erzähle ganz fröhlich, dass ich angekommen sei und die DVD jetzt abgeben werde. "Gut, dann mach das mal und ruf dann nochmal zurück." Ich geb also die DVD an der Rezeption ab und rufe gut gelaunt nochmal an. Die Person am anderen Ende scheint erleichtert und wünscht mir noch eine gute Rückfahrt.
Am nächsten Morgen sitze ich mit einem Cutter im Schnitt und tu so als wär ich Schnittredakteurin, während mein Chef in einer Besprechung ist. Irgendwann erscheint der Geschäftsleiter und setzt sich zu uns. 
"Das war ja gestern spannend. Zum Glück ist das nochmal gut gegangen." Er sieht mich an. "Danke nochmal. Hat das alles geklappt mit dem Fahren?"
Ich: "Äh, ja."
Aus dem Gespräch zwischen Cutter und Geschäftsleiter höre ich heraus, dass die DVD schon 5 Stunden früher in Bonn hätte sein sollen. Leider lief alles aber aufgrund verschiedener Missverständnisse nicht ganz nach Plan. Ich habe also die DVD, die für die Weihnachtsfeier des Vorstandes eines bedeutenden Versandunternehmens gedacht war, nicht früher als eine halbe Stunde vor Beginn der Feier abgegeben. Bei dem Gedanken an die erhebliche Geldsumme und das Firmenansehen, die auf dem Spiel standen, wird mir ein wenig schlecht. Ich lächle aber tapfer weiter.
"Wie ärgerlich das gewesen wäre, wenn es noch an solchen Kleinigkeiten scheitert. Und dabei saß ich extra noch bis um 6 Uhr morgens im Schnitt…"
Ich: "Und dann war auch noch Stau."
Als der Geschäftsleiter wieder gegangen ist, sehe ich den Cutter an und meine: "Ehrlich gesagt, hatte ich ja keine Ahnung, wie dringend das ist. Ich sag dir jetzt besser nicht, dass ich erst noch 15min lang das Auto auf dem Parkplatz gesucht habe."
"Nein, tu das lieber nicht."
Ich nicke, lächle und sage: "Ok."


*Am Rande sei hier auf die Absurdität hingewiesen, dass das gedrehte Rohmaterial zum großen Teil tatsächlich noch immer zunächst nur auf VHS-Bändern gespeichert wird. Diese werden dann  in Echtzeit eingespielt, also digitalisiert, um sie schneiden zu können. Anschließend wird der fertige Beitrag dann wieder auf Band zum auftraggebenden Sender getragen.

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